27 September 2016

Eine Runde durch die Ribeira São Roque

Cruz - São Roque - Faial vor der Kulisse des Zentralmassivs

Wir verlassen unser nettes Appartement in Porto da Cruz am späten Vormittag. Die Levada do Castelejo von Cruz bis zu ihrer Quelle im Tal der Ribeira São Roque ist unser primäres Vorhaben. Ob daraus eine Rundwanderung über die Vereda do Lombo Grande wird, entscheiden wir nach Zustand der Strecke.
In Cruz, wo wir unser Auto an der Bushaltestelle parken wollen, kriege ich fast die Krise. Sechs Busse und mindestens 15 Autos sind dort bereits abgestellt. "Wollen wir nicht lieber woanders laufen?" fragt Piet. Ich habe die Hoffnung, dass die meisten nicht in Richtung Madre, sondern den östlichen Teil der Levada, Richtung Referta laufen. Außerdem sind sie ja schon alle unterwegs und kommen uns allenfalls entgegen. 
Mir fällt noch rechtzeitig ein, dass wir ohne Trinkwasser gestartet sind und wir füllen in der gegenüberliegenden Bar noch unsere Wasserflaschen auf. Der Besitzer fragt, ob wir die Castelejo laufen wollen und bekräftigt dann "muito bonita, muito verde".
Dann los! Eine schmale Betonstraße bringt uns - vorbei an Bäuerinnen, die uns Tomaten und frische Feigen anbieten - hoch zur Levada. Den Adlerfelsen halb im Rücken, geht es erstmal an abgeernteten Feldern vorbei, bis wir endlich in das grüne Tal der Ribeira São Roque einschwenken. 






Auf der gegenüberliegenden Seite ist die Siedlung São Roque do Faial zu sehen und die steile Betontreppe, die hinunter zum Fluss führt. Das wäre eine Möglichkeit, die Runde über die andere Talseite zu machen - falls es auch wieder einen Aufstieg nach Cruz gibt. "Vamos ver!" Zur Not gibt es ja auch eine Straße, die uns, wie auch immer, zurück nach Cruz bringt.


Die Levada zieht sich in vielen Windungen tief hinein bis zum Flussbett des Ribeiro Frio. Sie ist ist in einem guten Zustand. Ein paar Geländerstützen sind zwar durch herabgestürzte Bäume verbogen, aber insgesamt kann man gefahrlos gehen. Es kommen uns in den anderthalb Stunden bis zur Madre tatsächlich nur vier Wanderer entgegen, also war meine Vermutung richtig, dass die Wandergruppen von Cruz aus Richtung Osten laufen und nicht ins São Roque Tal.






Kurz vor der Quelle bewundern wir die riesigen, massiven Basaltblöcke. Sind sie Ergebnis von Erosion oder hat der Fluss sie in diesem Bett freigespült? Der Fuchsie ist das egal, sie legt sich anmutig darüber.



An der Quelle ist ein kleiner Abstieg ins Bachbett notwendig, wenn man zum Picknicktisch auf die andere Bachseite möchte, bzw. wenn man den Weg über die Vereda do Lombo Grande fortsetzen will. Das ist bei dem geringen Wasserstand jetzt im Spätsommer ganz unproblematisch. Es sind zwar noch die Reste einer ehemaligen Hänge?Brücke erkennbar, doch deren Einsatz scheint lange zurückzuliegen.




Wir beschließen nach einer Pause weiterzugehen, denn der Weg durch den Wald Richtung São Roque macht einen guten Eindruck. (Es gibt ganz frische gelb-rote Markierungen!)


Er führt auf und ab, zumeist über Holzbohlenstufen. Ehemalige Verschüttungen sind gut festgetreten und teilweise mit Hölzern abgesichert.


Kurz vor São Roque erreichen wir die Levada de Baixo, jetzt wieder mit Blick auf den mächtigen Adlerfelsen vor uns. Ab den ersten Häusern sind die gelben Markierungen sehr hilfreich um den richtigen, der drei Treppenwege hinunter ins Dorfzentrum zu finden.



Dort besprechen wir im winzig kleinen Café, wie es weiter geht. Von den Einheimischen hat zunächst keiner eine Ahnung, wie man nach Cruz zurückkommt, außer man geht die Straße. Auf gar keinen Fall kann man gegenüber wieder zur Levada aufsteigen, da sind sich alle einig. Es ist lustig zu beobachten, wie sie untereinander wetteifern, wer uns die bessere Auskunft geben kann. Dann kommt einer mit der Ansage, der schmale Treppenweg, Vereda da Fajã, ginge bis Cancela. Das liegt unterhalb von São Roque. Ok, wir riskieren den Abstieg zum Fluss.






Und tatsächlich ist der schmale Weg Poço da Fajã, etwa 20 bis 30 Meter über dem Flussbett, in einem erkennbaren und begehbaren Zustand. Die kritischen Passagen unterhalb der Felswand sind mit Stahlseilen gesichert, die fest in der Wand befestigt sind. Eine ehemalige Levada ist verrohrt, aber auch die Rohre sind durch Felsstürze beschädigt und führen kein Wasser.





Wo der Pfad endet, geht es quer über den Fluss, der hier schon ziemlich breit ist.
Über eine kleine, ziemlich matschige Böschung kraxeln wir zu einer Straße hinauf, die, nach rechts gehend, bald darauf in einer Sackgasse endet.

Flussbettt mit gelben Markierungen - noch ist kaum Wasser drin
Wieder rechts haltend kommen wir über einen kurzen, sehr steilen Betonweg auf einen alten, typisch madeirensischen Pflasterweg. Wie angenehm sich doch dieses runde Stufenmaß bergauf gehen lässt!
So erreichen wir kurz vor dem Café, bzw. der Bushaltestelle die Regionalstraße  ER 101 und es ist nur noch ein Katzensprung zu unserem Auto.




Fazit: anstrengende, aber superschöne Rundwanderung mit eindeutiger, markierter Wegführung (rot-gelb bis zur Madre der Levada, danach gelbe Punkte, bzw. gelbe Pfeile mit TCCN)

Gehzeit: ca. 5 Stunden mit zwei kleinen Pausen

Bedingung: absolute Schwindelfreiheit und Trittsicherheit

Bei länger anhaltenden Regenfällen kann die Strecke gefährlich sein - Erdrutsche und Hochwasser


26 September 2016

Adlerfelsen


Wir haben den eigenartigen Felsen an der Nordküste, der sich majestätisch zwischen Porto da Cruz und Faial erhebt, schon aus den verschiedensten Richtungen erblickt. Von oben, als wir auf dem Pico Ruivo waren, von Osten her, als wir den Küstensteig von der Boca Do Risco gewandert sind, von São Jorge, als wir mit dem Auto auf dem Weg nach Ribeiro Frio unterwegs waren. Nur oben waren wir noch nie. Nun ist das von den Höhenmetern kein gewaltiger Berg. Aber er lockt einfach durch seine massive Präsenz, als Klotz, der aus dem Meer aufragt. Unser Wochenende in Porto da Cruz wollen wir nutzen, um seine besteigbaren Seiten kennenzulernen. 



Die Ostseite, wie sie sich von Porto da Cruz aus zeigt, scheint unbezwingbar und ist es auch. Für den Aufstieg wählen wir die Westseite. Sie liegt am Vormittag noch weitgehend im Schatten. Dazu lassen wir uns von Porto da Cruz mit einer Taxe zur Siedlung Águia de Baixa do Faial fahren, umrunden den Berg also zu drei Viertel, und "erschummeln" uns so schon mal knapp 200 Höhenmeter. Kurz nach dem Restaurante Galé, am Ende der Straße, beginnt der Aufstieg über Treppenstufen rechts neben dem Haus mit Klingelschild "Família Sousa". Ein Holzschild weist den weiteren Weg nach oben, der abwechselnd als Erd- und Felspfad zwischen Strandkiefern, Wachsmyrten und weidenartigen Kugelblumen steil bergauf führt.




Ich wünschte mir manches Mal längere Beine, wenn mir die Felsstufen bis zur Hüfte reichen. Bei einer größeren Felsplatte, die deutlich mit einem weißen Pfeil nach oben gekennzeichnet ist, wird dann auch mal klettern notwendig.


Als wir aus dem Felsenschatten herauskommen, beginnt der Schweiß in Bächen zu laufen und die Trinkpausen werden häufiger. Die ehemalige Verschüttung des Weges ist freigeräumt und wieder gut festgetreten. 
Von weitem sah der Adlerfelsen für uns immer wie ein abgeplatteter Vierkantblock aus. Jetzt stellen wir fest, dass er aus drei Rücken zusammengesetzt ist, deren mittlerer, Lombo de António Dias, sich zum Gipfel erhebt.


Als erstes haben wir den westlichen Lombo da Cruz erreicht . Über einen schmalen Grat durch jungen, dichten Akazienwald wandern wir auf den Gipfel zu. Rechts und links fällt der Berg steil bergab, ist aber ungefährlich zu laufen. Die einzige Schikane, die uns begegnet, ist ein Erdwespennest mitten auf dem Weg. Was tun?


Glücklicherweise ist der Grat hier breiter und wir können uns zwischen den dünnen Baumstämmen durchhangeln, um das Nest weiträumig zu umgehen. Puh, das war kritisch. 


Kurz darauf haben wir die geodätische Markierung und damit den höchsten Punkt des Felsens erreicht: 589 Meter und eine kleine Nationalflagge auf dem Betonklotz. Pause, abkühlen, trinken, schauen und erholen!




Der Abstieg nach Cruz ist deutlich markiert. Bei einer Verzweigung sind Eisentaue verankert, mit denen früher Holz nach Porto da Cruz transportiert wurde. Hier könnte man noch zu einem weiteren Aussichtspunkt auf den Lombo da Carqueja aufsteigen, doch der Weg ist total zugewachsen und wir verzichten.



Steiler als der Aufstieg geht es zum Abstieg am Südhang nach unten. Hier braucht es öfter den Handeinsatz. Bei aller Konzentration auf die Füße verpassen wir fast die phantastischen Ausblicke, die dieser Abstieg bietet. Da ist zum einen die imposante Steilküste bis zum östlichsten Punkt der Insel, São Lourenço mit Felsentor.



Zum andern haben sich die Wolken über dem Zentralmassiv fast aufgelöst und erlauben uns wunderbare Aussichten auf den Pico das Torres und wenige Minuten später bis zum Pico do Arieiro.


Kurz vor Erreichen des Weilers Cruz treffen wir auf nicht mehr genutzte und überwucherte Feldterrassen. Bei Erreichen einer kleinen Levada halten wir uns links bis zu einem Metallgeländer. Dann folgen wir der Verzweigung ca. 50 m nach rechts unten. 


Hier verlassen wir die Levada und gehen den Treppenabstieg bis Massapez, überqueren die ER 101, steigen noch einige Stufen weiter hinunter, bis wir auf eine kleine Vereda gelangen. Diese führt nach links bis ins Zentrum von Porto da Cruz.





Fazit: sehr anspruchsvolle Bergwanderung, eindeutig markiert und gut unterhalten

Man muss schwindelfrei und absolut trittsicher sein, und braucht ein gutes Maß an Kondition

Es empfiehlt sich mit Wanderstiefeln und Stöcken unterwegs zu sein.



Porto da Cruz



Wir machen Kurzurlaub in einem kleinen Dörfchen am äußersten Punkt der Nordostküste, in Porto da Cruz, und haben uns mitten im Zentrum, in der Quinta da Vila, eingemietet.
Vier kleine Appartements, bewacht von zwei großen, freundlichen Hunden in der Rua dos Leais. Einfach, ruhig, sauber, preiswert - perfekt!


Nach unserer Ankunft am Freitag Abend drehen wir eine Runde durchs Dorf, um die Landzunge herum, die den Strand vom Hafen trennt, und hinauf zur Ruine der ehemaligen Festung.


Die Landzunge ist selbst für Nicht-Geologen interessant. Unterschiedlich geformte Basaltstrukturen, feine Tuffschichten, größere Bimsformationen und Oberflächen, die aussähen als wäre die Lava gerade erst erkaltet.



Eine der Zuckermühlen, Anziehungspunkt für Urlauber, die Madeira in Touristenbussen erkunden, wird zur Zeit der Zuckerrohrernte noch immer in Betrieb genommen. Außerhalb der Erntezeit stehen die Maschinen still. Aber es lockt eine Probierstube zur Verkostung von Aguardente de Cana.
Die andere Mühle ist nur noch Museum und erinnert an Zeiten, als Porto da Cruz zu den wichtigsten Anbaugebieten für Zuckerrohr galt.


Uns lockt keine Touristenverkostung, sondern "A Pipa". Gleich um die Ecke vom zentralen Parkplatz finden wir dieses unscheinbare Restaurant mit der Natursteinfassade und den Holzfässern vor der Eingangstür. Mit Mühe ergattern wir einen freien Tisch und als wir unseren Octopus in Vinaigrette gekostet haben, wissen wir, warum das "A Pipa" so beliebt ist. Das Essen schmeckt einfach köstlich.
Als wir uns am nächsten Tag wieder dort einfinden, sehen wir die gleichen Leute wie am Vortag. Das ist doch der beste Beweis für köstliche Mahlzeiten zu fairen Preisen.


Porto da Cruz hat nicht nur mediterrane Atmosphäre, sondern auch zwei alternative Möglichkeiten für ein Badevergnügen. Da ist zum einen das Meeresschwimmbad - nicht so spannend wie das in Porto Moniz, zum anderen aber einen Sandstrand !!! in der Bucht des Praia da Lagoa am Fuße des des Adlerfelsens. Es geht lange flach ins Wasser und das Meer ist hier weniger wild als an der Nordküste im allgemeinen. Das zieht auch die kleinen und großen Surfschüler an, die gefahrlos auf den Wellen reiten können.



Auch wir genießen nach den anstrengenden Wanderungen die genussvolle Abkühlung. 

weitere Beiträge aus der Umgebung:

http://paradies-goes-madeira.blogspot.pt/2015/11/kustenweg-der-borracheiros.html

http://paradies-goes-madeira.blogspot.pt/2016/05/das-gluck-des-wanderns.html