26 Juni 2016

Sonnenlicht am Ende des Tunnels


Das war die große Hoffnung im 1700 Meter langen Tunnel der Levada Rocha Vermelha - und ja, wir wurden wieder trocken!

Wir hatten uns folgende Runde vorgenommen:
Central da Calheta - Levada Rocha Vermelha - Levada 25 Fontes - Central da Calheta


Das Auto bleibt am oberen Ende des Weilers Malhada stehen und wir steigen den gepflasterten Weg bis zum Levadeirahaus an der Levada Rocha Vermelha hoch. Halbschattig, mäßig steil ist er in einer halben Stunde angenehm zu gehen. Dabei überqueren wir zunächst die Levada Nova und halten uns bei den folgenden Verzweigungen immer links bis wir das Casa do Levadeiro erreichen.
Die Levada Rocha Vermelha verläuft zunächst schattig, mit einem relativ breiten Weg. Wir laufen gegen die Fließrichtung bis zum Tunneleingang. 1700 Meter geht es dann vom Calheta Tal bis Rabaçal durch einen grob gehauenen Felsentunnel.




Nach der ersten Erkundung sieht der Tunnel trocken aus und bleibt es auch bis auf die letzten 300 Meter. Dann aber, dort wo es richtig eng wird, wird es auch nass. Nicht nur ein paar Tropfen von oben, sondern Bäche und kleine Wässerfälle machen uns auf der letzten Strecke zu schaffen - nass und kalt!




Dann... Nicht nur Licht am Ende, sondern Sonnenlicht, wartet auf uns als wir wieder hinaustreten...und eine wunderschöne Levada, hoch über dem Janela-Tal. Immer noch Ginsterblüte, Baumheiden-Blüte, Orchideen, Storchschnäbel. Bis zur Brücke, die zum Seixaltunnel führt, ist die Levada breit, tief und gesichert. 




Hier ist das geniale Wasserwegesystem zu bestaunen.

Brücke beim Seixaltunnel



Wir gehen am langen Seixaltunnel vorbei, weiter an der Vermelha, die jetzt nur noch eine kleine, schmale Levada ist, die immer wieder ihr Gesicht ändert. Mal verschwindet sie fast unter sonnig, üppiger Wiesenvegetation, dann schlängelt sie sich an schroffen Felsen entlang oder taucht  in den tiefen Schatten einer dichten Baumheidengalerie ein.




Es gibt eine Menge wunderschöner Plätze zum Ausruhen und Genießen der Stille. Bussarde schweben vor uns aus dem Janela-Tal hoch, in weiten Schleifen, fast ohne einen Flügelschlag.




Bis Adeneiro ist die Levada gut begehbar, zwar ohne Sicherungen, aber bei Schwindelfreiheit kein Problem, denn die ausgesetzten Abschnitte sind neu betoniert. Dann wird es unsicher und 100 m weiter ist eine breiter Rutsch zu sehen. Damit setzen wir für heute hier unseren Umkehrpunkt. 
Wir gehen zurück bis zu den "Garagen", die über eine Metallbrücke umgangen werden.



Kurz danach zweigt der Aufstieg zur Levada 25 Fontes nach oben ab, ein anspruchsvoller Zickzackkurs, der bergauf sicher besser zu schaffen ist, als bergabwärts. 
Nach 150 Höhenmetern erreichen wir die 25-Quellen-Levada und glücklicherweise ist die RushHour dort schon vorbei. ( es wird berichtet, dass in den Sommermonaten bis zu 700 Wanderer zu den 25 Quellen drängeln, unfassbar!) Es ist mittlerweile später Nachmittag und wir treffen nur noch zwei Wanderer, die sich vor dem Reitertunnel "präparieren". 
Dieser 900m lange Tunnel ist mit seiner Durchganghöhe rasch durchlaufen - natürlich auch hier mit Taschenlampen.


Auf der anderen Seite angekommen, halten wir uns links. Bei einem verfallenen Palheiro führt ein gepflasterter Treppenweg bergab ins Tal, bis wir die Levada Rocha Vermelha an ihrem Tunneleingang wieder erreichen. Mit der Fließrichtung geht es jetzt bis zum Levadeirohaus und auf dem gepflasterten Weg weiter bis zu unserem Auto.








Fazit: Caminhada maravilhosa! Die Levada Rocha Vermelha ist im überlaufenen Rabaçal-Wandergebiet immer noch ein Geheimtipp. Die Levada 25 Fontes ist am späten Nachmittag menschenleer.

Dauer der Wanderung: mit Pausen und Genuss knapp sechs Stunden

Tipp: ein Regencape für den langen Tunnel bereits vor dem Eintritt überziehen, damit man trocken durchkommt

Anfahrt: Via expresso bis zum Calheta-Kreisel, Ausfahrt Lombo do Doutor bis zur Regionalstraße ER 222, rechts Richtung Central Hidroeletrica. Nach 2km Abzweig links Central da Calheta und nach ca. 150m scharf rechts (Sackgassenschild) die sehr schmale, steile Straße hoch nach Malhada bis zum Umkehrplatz am weißen Wassertank.




21 Juni 2016

Grün - Gelb - Blau




Grün, gelb, blau - und eine Menge violett haben uns heute begleitet, auf einer großen Höhenrunde zwischen duftenden Ginsterbüschen unter knallblauem Himmel mit phantastischen Aussichten.

Boca da Corrida - Chão dos Terreiros - Fontes - Trompica - Boca da Corrida  



 Wir laufen zwar überwiegend auf breiten Wirtschaftswegen, die ich eigentlich nicht so besonders liebe, doch die überreich blühende Natur und die grandiosen Rundblicke entschädigen ganz und gar. 


Der Aufstieg nach Chão dos Terreiros gelingt nicht so ganz wie geplant, weil wir den Abzweig verpassen. Ein doppelter Zaun steht im Weg, der sich aber über ein bereitgelegtes Holz gut überwinden lässt, zumal der Weg als Pfad danach eindeutig weitergeht.

bei diesem Überlebenskünstler-Baum gehts über den Zaun 

Binsenweiderich - Lythrum junceum


 Kurz vor der nächsten Hürde in Form von Doppelzaun verliert er sich jedoch. Wir steigen auch hier wieder drüber und weiter "querbeet" zum Terreiros hoch. Das geht bei gutem Wetter wunderbar, denn es gibt in diesem Gebiet keine Bäume, die die Sicht versperren, keine tiefen Schluchten, einfach nur runde, grüne Hügelkuppen und die höchste davon ist Chão dos Terreiros. 

der zweite Doppelzaun

Blick zurück (Funchal ist schwach im Dunst zu erkennen)

die Gipfelkette - Pico Ruivo - Pico da Torres - Pico do Areeiro

Pico Grande mit Boca do Cerro

Encumeada-Pass zwischen Paul da Serra und Pico Ferreiro
Nach 1 1/2 Stunden sitzen wir an einem der schönsten Aussichtspunkte Madeiras. Bizarr und majestätisch thront im Osten die Kette der höchsten Picos. Davor der Pico Grande und unterhalb der Caminho Real, der den Boca da Corrida über den Boca do Cerro mit dem Encumeada-Pass verbindet. Der Encumeada selbst präsentiert sich mal wieder als "überkochender Milchtopf". Dahinter das Wolkenmeer des Atlantiks. Im Westen auf Paul da Serra dreht sich heute kein Windrad, es ist heiß und windstill. 


ein Kanarenpieper (Anthus berthelottii madeirensis) singt uns ein Ständchen


In einer weiten Schleife geht es dann fast 500 m hinunter in das Dörfchen Fontes, wieder auf einer Piste. Wir haben Kuhglockenbegleitmusik, passieren kleine liebevoll angelegte Getreide- und Kartoffelfelder (wir sind immer noch auf fast 1200 m) und machen später im Schatten von Eukalyptusbäumen an einer kleinen Levada Pause.


Fontes liegt fast 1000 m hoch, und dass das Wetter hier nicht immer so freundlich ist, zeigen uns die Mengen an Feuerholz, die entlang der Dorfstraße aufgeschichtet sind. Viele Wanderer verirren sich nicht in diese abgeschiedene Region und der schlitzohrige Barbesitzer wittert gleich ein gutes Geschäft, als wir uns zwei Bicas bestellen. Wir gönnen ihm die zwei Euro, die er uns dafür abknöpft. 
Das nächste Wegstück, zum Posto Florestal da Trompica, würden wir uns gerne schenken, denn es ist eine 3km lange Betonpiste, die sich zum Forsthaus hochzieht. Also frage ich die beiden Uniformierten der Policia Florestal, die praktischerweise gerade die Bar verlassen und in ihr Auto steigen wollen, ob sie uns nicht mitnehmen. Ziemlich irritiert gucken sie mich aus glasigen Augen an, müssen lange überlegen und schütteln dann den Kopf. Die Alkoholfahne bestätigt uns, dass wir besser daran sind zu laufen.




Ab Trompica wird es leider unübersichtlich. Es gibt jede Menge Pfade und Pisten, doch keine führt eindeutig in die gewünschte Richtung. Wir füllen unsere Wasserflaschen noch mal auf und peilen einen Wiesenpfad an, der zunächst ganz gut erkennbar ist, später unter dichtem Ginster gesucht werden muss und plötzlich in einem Bachbett endet. Auf der anderen Bachseite ist dummerweise wieder der doppelte Zaun und kein Weg. Die Idee durch Bach hinunter auf die nun erkennbare Piste zu kommen erweist sich als unbrauchbar, also bleibt wieder nur die Zaunkletterei und ein abermaliger Aufstieg zum Weg, auf dem wir vor etlichen Stunden in die andere Richtung unterwegs waren. Der Grashügel ist mäßig steil mit verstecktem Brombeerunterwuchs - gemein und anstrengend, aber zielführend! 


Es ist spät geworden, wie an den langen Schatten zu erkennen ist, als wir am Boca da Corrida müde und mit ziemlich zerkratzten Waden ankommen



Margariten, Natternkopf und Storchschnäbel unter den Kastanienbäumen auf dem Boca da Corrida

Fazit: bei gutem Wetter lohnt sich auf jeden Fall die kleine Runde vom Boca da Corrida nach Chão dos Terreiros wie beschrieben und zurück über den Gratweg, der am Grenzstein ganz eindeutig zu finden ist. Die große Runde empfiehlt sich nur für Wanderer, die sowohl viel Ausdauer in der Pfadfinderei als auch Freude an Brombeergestrüpp haben und emotionslos auf Betonpisten laufen können.


die rotgepunktete Linie wäre unser Rückweg gewesen




Anfahrt: Via Rapida VR 1, Ausfahrt Nr. 5 - Câmara de Lobos, ER 229 Estreito da Câmara de Lobos, Jardim da Serra, Boca da Corrida 1235m (kleiner Parkplatz am Posto Florestal)